Caldo Verde

Caldo Verde erscheint auf den ersten Blick unscheinbar, doch das täuscht. Die „grüne Brühe“ stammt ursprünglich aus der portugiesischen Region Norte (Região do Norte), wo auch die Heimat des Vinho Verde liegt. Inzwischen ist sie im ganzen Land verbreitet und gilt vielen als das Nationalgericht Portugals.

Im Zentrum steht dabei eine Zutat, die nur im Nordwesten Spaniens und eben in Portugal zu finden ist: Couve Galega, auch bekannt als galizischer Kohl. Botanisch gehört er zur Art Brassica oleracea, ein Kohl, der keine festen Köpfe bildet, sondern in langen, glatten Blättern mit kräftigem Mittelstrunk wächst.

Es gibt aber eine Reihe ganz ähnlicher Arten von Kohl, die man stattdessen verwenden kann. Sehr gut eignet sich Schwarzkohl (italienisch: Cavolo Nero), der vor allem in der Toskana, aber heutzutage auch wesentlich nördlicher angebaut wird (auch bei uns in Bayern). Seine Blätter sind ebenfalls lang und relativ glatt, wenn auch dunkler, fester und mit einer leicht nussigen Note.

Hier in Deutschland erntet man jetzt im beginnenden Winter Grünkohl, der auch in den Niederlanden und in Skandinavien verbreitet ist. Seine Blätter sind gekräuselt und sein Geschmack ist intensiv. Auch muss er länger gegart werden als andere Kohlsorten. Weitere Varianten sind zum Beispiel Collard Greens aus den USA (von europäischen Einwanderern dorthin gebracht und kultiviert) und Couve Manteiga aus Brasilien. Was chinesischer Brokkoli genannt wird, ist ebenfalls eine nahe verwandte Pflanze.

Links Grünkohl, rechts Cavolo Nero

Wir verwenden heute Grünkohl, denn der hat Saison und eine portugiesische Caldo Verde ist eine sehr willkommene Abwechslung zu hiesigen Zubereitungen. Bei allen genannten Kohlsorten wäscht man die Blätter gründlich, entfernt die harten Stiele komplett und schneidet die verbleibenden Blätter in feine Streifen von etwa
2 – 3 mm Breite. Das ist wichtig und sorgt später für die charakteristische Konsistenz der Suppe. Bei glatten Blattsorten schneidet man die Stiele heraus, rollt die Blätter auf und schneidet sie dann quer in Streifen. Bei Grünkohl ist es leichter, die Blätter vom Stiel zu zupfen, bevor man sie entsprechend schneidet.

Die weiteren Zutaten sind immer Zwiebeln und Knoblauch, Kartoffeln und Chouriço, das ist eine portugiesische Wurst vom Schwein, die mit Paprika, Knoblauch, Salz und Wein gewürzt wird. Der Unterschied zu spanischer Chorizo ist vor allem, dass die portugiesische Wurst deutlich weniger Raucharoma hat. Statt des spanischen Räucherpaprikapulvers wird ein süßes Paprikapulver verwendet und auch die Wurst selbst ist in der Regel weniger intensiv geräuchert.

Wer keine Chouriço bekommt, kann spanische Chorizo verwenden – sagt nur niemandem, dass ihr das hier gelesen habt

Die Wurst liefert die zentrale Würze für die Suppe, man kann daher nicht einfach auf sie verzichten. Natürlich findet man Caldo Verde in modernen Interpretationen, auch vegan. Das Geschmacksprofil wird dann aber ein sehr anderes.

Die Haut wird von der Wurst abgezogen und diese in Scheiben geschnitten, wir bevorzugen sie etwa 3 mm dünn. Dann werden diese in reichlich Olivenöl langsam auf mittlerer Hitze angebraten. Fett und Aroma sollen austreten und sich mit dem Öl verbinden, das eine kräftig rote Farbe annimmt. Die Wurst soll aber auch nicht hart werden. Etwa 4 Minuten bei gelegentlichem Rühren sind genug.

Die Wurstscheiben werden aus dem Topf genommen und beiseite gestellt. Dann werden gewürfelte Zwiebel und gehackter Knoblauch in dem gewürzten Öl für 2 Minuten glasig sautiert. Ab nun wird mit mittelhoher Hitze gekocht.

Es folgen Kartoffeln in kleinen Stücken. Wer wie wir auch etwas Karotte verwendet, fügt jetzt auch diese hinzu. Das Gemüse wird 4 – 5 Minuten unter gelegentlichem Rühren angeschwitzt, damit sich seine Aromen entwickeln.

Dann wird Wasser oder Brühe aufgegossen. Wir verwenden Brühe, weil das natürlich noch mehr Geschmackstiefe bringt. Passend sind Gemüsebrühe ebenso wie Hühnerbrühe. Bei uns ist es heute letztere, weil wir erst gestern einige Liter davon gekocht haben. So köchelt das nun für etwa 25 Minuten oder bis die Kartoffeln (und in unserem Fall auch die Karotten natürlich) ganz weich geworden sind. Wir kochen noch ein Lorbeerblatt mit, das kommt in den meisten Rezepten aber nicht vor.

Jetzt gibt es mehrere Möglichkeiten, ganz nach Geschmack: Man kann das Gemüse so lange köcheln, bis es zerfällt und die Suppe stückig lassen. Oder das Gemüse mit einem Kartoffelstampfer teilweise zerdrücken, so dass die Suppe mehr Textur behält. Oder man püriert alles, am besten mit einem Pürierstab. Außerdem kann man nun einen Teil des Kohls mitkochen und ebenfalls zerkleinern, das macht die Basis der Suppe dann grün. Alle Varianten sind gebräuchlich.

Wir kochen 1/3 des Kohls für gute 5 Minuten mit dem Gemüse weich…

…und pürieren dann alles nicht zu fein.

Der Rest des Kohls und die Wurstscheiben werden zur Suppe gegeben. Wir behalten an dieser Stelle gerne einen Teil der Wurst zurück, um sie zum Schluss auf die Teller derjenigen zu geben, die mehr davon essen möchten.

Der Kohl wird gegart und die Suppe noch mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt. Das ist alles. Caldo Verde ist ein puristisches Gericht, das von dem Geschmack seiner Zutaten und vor allem des Kohls lebt, am Ende aber sehr viel mehr als die Summe seiner Teile ist.

Dazu passen Brot oder Croûtons, in Portugal wäre die klassische Wahl Maisbrot (Broa de Milho). Wer möchte, träufelt noch etwas sehr gutes Olivenöl über die Suppe.

Genießt es.

And may the taste be with you.

Zutaten (für 4 Personen):

4 EL Olivenöl

250 g portugiesische Chouriço (alternativ spanische Chorizo)

2 mittelgroße gelbe oder weiße Zwiebeln

2 – 4 Knoblauchzehen, nach Geschmack

450 g Kartoffeln, mehligkochend oder vorwiegend festkochend

150 g Karotten (oder entsprechend mehr Kartoffeln)

Optional: 1 Lorbeerblatt

500 g Stängelkohl (Couve Galega, Cavolo Nero, Grünkohl o.ä.)

1,2 l Gemüse- oder Hühnerbrühe oder Wasser (mehr Wasser nach Bedarf)

Salz und schwarzer Pfeffer

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