Die Überschrift „Rinderfond“ dürfte für die Auffindbarkeit im Internet nicht ideal sein. In der feinen Küche wäre es ein Kalbsfond und ganz sicher stammen einige Knochen, die wir über die Jahre verwendet haben, von jüngeren Rindern. Wie jung, bis wann man sie in dem einen oder anderen Land Kalb nennt und wie man insgesamt zu tierischen Produkten steht, ist Gegenstand vieler Auseinandersetzungen unserer Zeit.
Das halten wir für richtig. Gleichzeitig ist das hier kein veganer Blog oder ein veganes Kochbuch, weil wir uns ausdrücklich auch mit der Geschichte des Kochens befassen. Ihr entscheidet selbst, was ihr esst und kocht und warum. Wir versuchen zu erklären, wie man kocht. Und da sind viele Techniken universell.
Wie man Brühen, Fonds, Saucen und dergleichen zubereitet, ist hier ein Dauerthema und entscheidend in der Kunst des Kochens. Dieser Beitrag steht in der Rubrik „Know-how“. Die könnt ihr einfach auswählen und dann durchlesen. Das würde für das Verständnis des Folgenden großen Nutzen haben. Auf alle parallelen Beiträge, die wir schon geschrieben haben, verweisen wir nicht mehr einzeln.
Die Basiszutaten eines Rinder- oder Kalbsfonds sind Knochen, mit und ohne Fleisch. Das sind die Teile des Tieres, die sich nicht zum Verzehr eignen – außer eben in flüssiger Form. Und selbstverständlich sollte man sie nicht wegwerfen, sondern verwerten.
Wer gerne kocht, kauft wegen Zeitmangels auch Instant-Produkte. Das kann gekörnte Brühe sein oder ein Fond im Glas. Die Basis aller dieser Produkte ist das, was wir hier verwenden. Sie selber herzustellen braucht Zeit, kostet dafür aber natürlich auch nur einen Bruchteil des industriell gefertigten Produktes – und ihr wisst, was darin ist und woher die Ausgangsprodukte kommen.
Fangen wir also an, mit der Zubereitung von etwa 3 – 3,5 Litern Fond. Dieser kann für Monate eingefroren werden. Wir machen das gerne in Beuteln, weil das eine sehr platzsparende Aufbewahrung ist.
Ihr benötigt Knochen vom Rind oder Kalb, idealerweise große Knochen mit Mark darin und kleinere mit Fleisch daran. Dazu ein wenig Öl, um sie scharf anzurösten, denn nur so wird daraus ein dunkler Fond.
Ein Topf wird hoch erhitzt und die Fleischstücke werden von allen Seiten sehr kräftig geröstet. Das dauert einige Minuten, und es wird rauchen.
Stücke von Zwiebel, Karotte und Knollensellerie kommen jetzt hinzu und werden ebenfalls unter gelegentlichem Rühren angeröstet. Wenn ihr das Aroma des Gemüses intensiv riechen könnt, kommen Lorbeerblätter, Pfefferkörner und Wacholderbeeren in den Topf.
In Stücke geschnittene Tomaten – außerhalb der Saison immer besser Dosentomaten – werden ebenfalls angeröstet. Ihr wollt reichlich Farbe, denn die bringt Geschmackstiefe. Die Hitze muss also weiterhin hoch sein und es ist völlig in Ordnung, wenn sich am Topfboden ein dunkler Ansatz bildet. Indem reichlich gerührt wird, löst sich dieser Ansatz aber schon ein wenig durch den Saft der Tomaten.
Jetzt wird deglaciert, auf Deutsch auch ablöschen genannt, und zwar mit hoch aromatischen Flüssigkeiten. Wir verwenden Madeira, Sherry, Portwein oder Shaoxing Reiswein (den chinesischen Kochwein), lösen damit die Röstaromen am Topfboden und gießen dann Rotwein auf. Der muss nicht sehr teuer sein, aber die einfache Regel lautet: Würdest du es nicht trinken, dann gehört es auch nicht in deine Sauce.
Sind beide Flüssigkeiten fast zu Sirup geworden, kommt Wasser hinzu. Alles wird gut verrührt, zum Kochen gebracht und dann auf niedriger Stufe ohne Deckel gesimmert, bis aller Geschmack aus Knochen, Fleisch und Gemüse extrahiert ist. Das dauert mindestens zwei Stunden, mehr Zeit schadet nie.
Dann geben wir noch Butter, Petersilie und Thymian in den Topf und lassen alles noch einmal sanft für 20 – 30 Minuten ziehen, fast schon wie einen Tee. Wer seinen Fond an dieser Stelle noch weiter aromatisieren möchte, kann zum Beispiel Knoblauchzehen, Ingwer, Schale von Zitrone oder Orange in unterschiedlichsten Kombinationen verwenden. Am besten probiert man es einfach aus und kostet alle paar Minuten, wie es sich entwickelt.
Dann wird der ganze Inhalt des Topfes durch ein Spitzsieb gegeben. Besitzt ihr nur ein kleineres Sieb, entfernt zuerst das Fleisch mit einer Zange oder einem Schaumlöffel, um es euch leichter zu machen.
Das Ergebnis ist köstlich und seidig, wenn auch nur die allererste Stufe der Kunst des Herstellens von Saucen.
Fortsetzung folgt.
Genießt es.
And may the taste be with you.
Zutaten (für gut 3 Liter Fond):
3 EL neutrales Pflanzenöl
1 kg Mark- und Fleischknochen vom Kalb / Rind
150 g Zwiebel
70 g Karotte
70 g Knollensellerie
3 Lorbeerblätter
12 Pfefferkörner
5 Wacholderbeeren
200 g Tomaten (oder Dosentomaten, nur das Fruchtfleisch)
100 ml Madeira, Sherry, Portwein oder Shaoxing Reiswein
200 ml Rotwein
4,5 l Wasser
50 g Butter
3 Zweige Thymian
8 Zweige Petersilie
Optional: Knoblauchzehen, Ingwer, Schale von Zitrone und/oder Orange